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Zu den mietrechtlichen Aspekten des 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes (2. COVID-19-JuBG) (6.4.2020)

Am 3.4.2020 hat der Gesetzgeber das 2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz beschlossen. Dieses sieht unter anderem wesentliche Änderungen im Bereich des Mietrechts vor. Kurz zusammengefasst betreffen diese die rechtlichen Folgen des Mietzinsrückstandes, die Verlängerung auslaufender Wohnungsmietverträge und den Aufschub exekutiver Räumungen von Wohnungen. Dazu im Einzelnen:

 

  1. Stundung des Mietzinses für Wohnungen

Der Gesetzgeber hat – unabhängig von der Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes (MRG) – folgende Erleichterungen für den Wohnungsmieter beschlossen:

  • -wenn ein Wohnungsmieter eine Mietzinszahlung, die im Zeitraum vom 4.2020 bis zum 30.6.2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet,
  • -weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist,
  • -kann der Vermieter allein wegen dieses Zahlungsrückstands weder eine gerichtliche Aufkündigung noch eine Räumungsklage gegen den Mieter einbringen. Darüber hinaus kann der Vermieter den Zahlungsrückstand erst nach dem 12.2020 geltend machen oder von der vom Mieter übergebenen Kaution abziehen.

1.1 Eine erhebliche Beeinträchtigung ist laut dem Bericht des Budgetausschusses (AB 116 BlgNr. 27. GP 16) gegeben, wenn COVID-19

  • -zum Verlust des Arbeitsplatzes,
  • -zur Schließung des Betriebes eines Selbstständigen,
  • -zur verminderten Nachfrage der angebotenen Dienstleistungen,
  • -zu einer langfristigen Erkrankung eines Selbstständigen (etwa mit wochenlanger Spitalsbehandlung) oder
  • -zur berufsverhindernden Quarantäne eines Selbstständigen geführt hat.

1.2  Privilegiert ist nur der Mietzins für das zweite Quartal 2020. Bestehen also bereits Mietzinsrückstände aus der Vergangenheit ist der Vermieter zur Vertragsaufhebung ebenso berechtigt, wie wenn der Mieter ab Juli 2020 mit den Mietzinszahlungen in Verzug gerät.

1.3  Die Privilegierung gilt außerdem nicht unbefristet. Zum einen ist die gerichtliche Geltendmachung des offenen Mietzinses nur bis zum 31.12.2020 ausgeschlossen. Der Vermieter kann den Zahlungsrückstand daher frühestens ab dem 1.1.2021 gerichtlich einfordern. Dadurch wird jedoch bloß die Klagbarkeit des Mietzinses hinausgeschoben, nicht jedoch dessen Fälligkeit, weshalb der Mieter für den offenen Mietzins die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von 4 % ab der jeweiligen Fälligkeit des Mietzinses zu zahlen hat.

Zum anderen lebt das Recht des Vermieters, den Mietvertrag aufgrund dieses Zahlungsrückstandes zu kündigen oder gegen den Mieter eine Räumungsklage zu erheben, wieder auf, sollte der Zahlungsrückstand aus dem zweiten Quartal 2020 am 1.7.2022 noch bestehen. Im Anwendungsbereich des Mietrechtgesetzes könnte der Mieter das Mietverhältnis jedoch noch dadurch retten, dass er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz den offenen Mietzins leistet. Vorausgesetzt ist jedoch, dass den Mieter am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden trifft.

 

  1. Möglichkeit einer kurzfristigen Verlängerung befristeter Wohnungsmietverträge

Fällt das Ende des Mietverhältnisses in die Zeit der beschränkten Ausgangssperre, steht der Mieter vor dem Problem, dass er keine alternativen Wohnungen besichtigen und damit nicht anmieten kann. Der Vermieter wäre nach der bisher geltenden Rechtslage jedoch mit dem Problem konfrontiert gewesen, dass er das auslaufende Mietverhältnis im Anwendungsbereich des MRG nicht nur für die Dauer der Pandemie verlängern hätte können. Die durchsetzbare Befristung setzt im Anwendungsbereich des MRG nämlich eine Mindestmietdauer von drei Jahren voraus. Die Nichtbeachtung dieser zwingenden Bestimmung würde zu einem unbefristeten Mietvertrag führen.

Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und vorgesehen, dass ein dem Mietrechtsgesetz unterliegender, befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30.3.2020 und vor dem 1.7.2020 abläuft, bis zum Ablauf des 31.12.2020 oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden kann. Wichtig ist, dass die Verlängerung schriftlich erfolgt und ausreichend bestimmt ist, ihr also unzweifelhaft zu entnehmen ist, wann das Mietverhältnis enden soll. Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieses Verlängerungszeitraums weder vertraglich verlängert noch aufgelöst, kommt es im Bereich des MRG zu einer automatischen Verlängerung um drei Jahre.

 

  1. Aufschiebung der Räumungsexekution

Sollte das Mietverhältnis bereits beendet sein – unabhängig davon ob durch Zeitablauf oder durch Kündigung/vorzeitige Auflösung – und der Vermieter gegen den räumungsunwilligen Mieter eine Räumungsexekution betreiben, könnte der Mieter deren Aufschiebung (ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung) beantragen, wenn

  • – die Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unentbehrlich ist und
  • – dem betreibenden Gläubiger (ehemaliger Vermieter) durch die Aufschiebung kein schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteil entsteht.

Ein persönlicher Nachteil wäre etwa gegeben, wenn der betreibende Gläubiger oder sein Angehöriger einen dringenden Eigenbedarf haben. Ein wirtschaftlicher Grund würde beispielsweise bestehen, wenn der betreibende Gläubiger die Wohnung bereits weitervermietet hat und er dringend auf die Mietzinseinnahmen angewiesen ist.

Der betreibende Gläubiger kann die Fortsetzung der Räumungsexekution beantragen, jedoch dauert der Räumungsaufschub jedenfalls

  • -bis zur Beendigung der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen, aufgrund derer die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist;
  • -bei Wegfall des dringenden Wohnbedürfnisses, mindestens drei Monate nach Bewilligung der Aufschiebung;
  • -längstens bis sechs Monate nach Bewilligung der Aufschiebung.

Der Räumungsaufschub setzt nicht voraus, dass sich die verpflichtete Partei (Mieter) in einer durch die COVID-19 verursachten schwierigen Situation befindet.