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gFlexCo – Geht das und was ist das überhaupt?

gFlexCo – Geht das und was ist das überhaupt?

gFlexCo – Geht das und was ist das überhaupt?

 

„Ich glaube, dass es auf der Welt einen Bedarf von vielleicht fünf Computern geben wird.“ – Dieser Satz wird dem damaligen IBM-Chef Thomas J. Watson zugeschrieben, der ihn 1943 geäußert haben soll. Wir alle wissen, wie diese Prognose ausging. Heute nutzen Milliarden von Menschen Computer.

 

Ähnlich vorsichtig skeptisch mag manch einer auf neue Ideen im Gesellschaftsrecht blicken – etwa die Flexible Kapitalgesellschaft (FlexCo) und ihre gemeinnützige Schwester, die gemeinnützige FlexCo (gFlexCo). Doch was hat es mit dieser gFlexCo auf sich, geht das überhaupt, und welche Vorteile bringt sie? Ein Blick auf die Fakten.

 

FlexCo: Die flexible Kapitalgesellschaft in Kürze

 

Seit 1. Januar 2024 gibt es in Österreich mit der FlexCo (Flexible Kapitalgesellschaft) eine neue Rechtsform. Sie wurde geschaffen, um Unternehmen – insbesondere Start-ups – eine moderne, international konkurrenzfähige Alternative zur GmbH zu bieten. Grundsätzlich baut die FlexCo auf den Regeln der GmbH auf; wo das FlexCo-Gesetz keine speziellen Regeln enthält, gelten die gleichen Bestimmungen wie für die GmbH. Die FlexCo kann für jeden erlaubten Zweck gegründet werden, ausdrücklich auch für gemeinnützige Zwecke. Mit anderen Worten: Eine „gemeinnützige FlexCo“ ist rechtlich möglich, solange die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt sind (dazu gleich mehr).

Wodurch unterscheidet sich nun eine FlexCo von der klassischen GmbH? Die wichtigsten zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten der FlexCo im Überblick:

 

  • Unternehmenswert-Anteile (neue Anteilsklasse): Neben klassischen Geschäftsanteilen können stimmrechtslose Unternehmenswert-Anteile ausgegeben werden, mit vollem Anteil am Gewinn und Liquidationserlös, aber – vom Grundgedanken her – ohne Stimmrecht. Diese sind insbesondere gedacht, um z. B. Mitarbeiter:innen am Erfolg zu beteiligen, ohne Entscheidungskontrolle abzugeben. Maximal 24,99 % des Kapitals dürfen als solche Anteile ausgegeben werden. Wenngleich diese Anteile in der gewöhnlichen FlexCo ihren Charm im fehlenden Stimmrecht haben, kann die Flexco jedoch den Anteilsinhabern punktuell Zustimmungsrechte einräumen. Eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös scheidet zwar bei einem gemeinnützigen Rechtsträger per se aus – möchte man aber gewisse Entscheidungen der FlexCo auf eine breitere Basis stellen (wie dies bei Entscheidungen der Mitgliederversammlung im Verein der Fall ist), könnte man dies über die Unternehmenswert-Anteile tun.

 

  • Stückanteile und mehrere Anteilsklassen: Die FlexCo ermöglicht eine feinere Aufteilung des Kapitals. Geschäftsanteile können in Stückelungen mit Nennwert ab 1 € gebildet werden (bei der GmbH muss die Stammeinlage zumindest 70 € betragen). Außerdem können unterschiedliche Anteilsklassen mit variierenden Rechten gestaltet werden (ähnlich wie Vorzugsaktien bei einer AG) – beispielsweise könnten die Gründer mit Sonderrechten versehen werden. So etwas kennt die klassische GmbH nicht. Die Etablierung mehrerer Anteilsklassen mit unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten erinnert ein wenig an den klassischen Verein, bei dem ebenso verschiedene Mitgliederkategorien mit unterschiedlichen Rechten ausgestattet werden können. Was also beim Verein schon immer möglich war, kann jetzt auch in der FlexCo nachgebildet werden.

 

  • Erleichterte Anteilsübertragung: Bei der GmbH ist für jede Übertragung von Anteilen ein Notariatsakt erforderlich, was umständlich und teuer sein kann. Die FlexCo ermöglicht Übertragungen per privater Urkunde eines Rechtsanwalts oder Notars – ein formeller Akt ist nicht nötig. Unternehmenswert-Anteile können durch bloße Einhaltung der Schriftform (also durch eigenhändige Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur) übertragen werden. Dies erleichtert Beteiligungswechsel erheblich.

 

  • Erwerb eigener Anteile: Eine interessante Neuerung bei der FlexCo betrifft den Erwerb eigener Anteile. Während GmbHs hier stark eingeschränkt sind, kann die FlexCo unter bestimmten Voraussetzungen eigene Anteile erwerben. Das bedeutet: Erwirbt sie eigene Anteile zurück, etwa weil ein projektbezogener Gesellschafter ausscheidet, kann sie diese im Bestand halten und später erneut für gemeinnützige Zwecke einsetzen – z. B. zur Beteiligung eines Förderpartners. Voraussetzung bleibt stets, dass der Rückerwerb dem gemeinnützigen Zweck nicht widerspricht, insbesondere keine versteckte Ausschüttung darstellt (§ 40 Abs 1 BAO). Die Rückerwerbsregelungen der FlexCo (§ 9 FlexKapGG) sind in Kombination mit den Vorgaben der Bundesabgabenordnung also auch für gemeinnützige Gesellschaften nutzbar – mit Bedacht angewendet ein weiteres flexibles Werkzeug.

 

  • Umlaufbeschlüsse ohne Einstimmigkeit: Schriftliche Beschlussfassungen (Umlaufbeschlüsse) können in der FlexCo in der Satzung auch ohne Zustimmung aller Gesellschafter*innen zugelassen werden. Bei der GmbH müssen alle mit der Beschlussfassung im Umlauf einverstanden sein, bevor ein derart gefasster Beschluss wirksam ist. Die FlexCo vereinfacht somit die Entscheidungsfindung, was besonders bei vielen Gesellschaftern oder internationalen Anteilseignern hilfreich ist.

 

Neben diesen Kernpunkten wurden im Zuge der FlexCo-Einführung auch einzelne Parameter angepasst. So beträgt das Mindest-Stammkapital nun 10.000 €, wie bei der GmbH (die FlexCo-Gesetzesnovelle hat die GmbH gleichgezogen). Wie bereits gesagt, kann eine einzelne Stammeinlage in der FlexCo so klein wie 1 € sein (bei der GmbH sind es mindestens 70 €). Auch die Umwandlung zwischen GmbH und FlexCo wurde erleichtert – ein Rechtsformwechsel ist relativ unkompliziert möglich.

 

Gemeinnützige FlexCo (gFlexCo): Geht sich das aus?

 

Die gemeinnützige GmbH (gGmbH) – eine GmbH, die ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt und steuerbegünstigt ist – ist seit Jahren etabliert. Formal ist sie keine eigene Rechtsform, sondern eine gewöhnliche GmbH mit besonderer Zweckausrichtung und Gewinnausschüttungsverbot. Genau das ist auch bei der FlexCo möglich: Auch eine FlexCo kann als gemeinnützige Gesellschaft aufgesetzt werden (oft mit dem Kürzel gFlexCo). Rechtlich gelten hierbei dieselben Gemeinnützigkeits-Voraussetzungen wie bei der gGmbH: Im Gesellschaftsvertrag muss ein konkreter gemeinnütziger Zweck festgelegt und ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Zudem ist ein Gewinnausschüttungsverbot an die Gesellschafter aufzunehmen, damit sämtliche (Zufalls-)Gewinne für den gemeinnützigen Zweck verwendet werden. Die FlexCo unterscheidet sich hier also nicht von der GmbH – auch eine gFlexCo darf keine privaten Profite ausschütten, sondern dient dem Gemeinwohl.

 

Aber warum sollte man eine gFlexCo gründen, wo es doch die gGmbH gibt? Der Clou liegt in den optionalen FlexCo-Vorteilen: Gründet man eine gemeinnützige FlexCo, so muss man die oben beschriebenen zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht ausnutzen – aber man kann. Alle diese „Extra-Optionen“ der FlexCo sind freiwillig und kommen nur zur Anwendung, wenn man sie im Anlassfall benötigt. Ist keine der zusätzlichen FlexCo-Möglichkeiten gefragt, dann verhält sich eine gFlexCo letztlich wie eine normale gGmbH – sie trägt nur einen anderen Rechtsformzusatz im Namen (FlexCo statt GmbH). Sobald man jedoch auch nur eine der flexiblen Optionen nutzt, entsteht ein Mehrwert. Die erleichterte Beschlussfassung kann im Alltag einer gemeinnützigen Organisation hilfreich sein.

 

 

Fazit: Optional flexibel – für den guten Zweck gerüstet

 

Die gFlexCo ist kein völlig neues Wesen, sondern die Kombination eines bewährten Konzepts (gemeinnützige GmbH) mit einer neuen, flexibleren Rechtsform. Alle zusätzlichen FlexCo-Features sind optional – wenn man sie nicht braucht, bleibt alles so schlank und simpel wie bei einer gGmbH. Hat man aber Bedarf an mehr Flexibilität, steht sie bereit: vom einfachen Hineinholen neuer Partner bis zur Differenzierung von Anteilsklassen mit unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten. Gerade weil man nichts muss, aber viel kann, lohnt es sich, die FlexCo auch im Non-Profit-Sektor in Betracht zu ziehen.

 

Die FlexCo insgesamt steckt noch in den Kinderschuhen – im ersten Jahr seit Einführung wurden rund 784 FlexCos gegründet. Von einem Boom kann man noch nicht sprechen, doch die Nutzung steigt kontinuierlich. Es bleibt also spannend zu beobachten, wie sich diese Rechtsform weiterentwickelt. Eines aber ist klar: Die gFlexCo ist möglich und vereint das Beste aus zwei Welten – Gemeinwohlorientierung und flexible Gestaltung. Wer heute denkt, dafür gäbe es kaum Bedarf, könnte schon morgen eines Besseren belehrt werden. In diesem Sinne: Unterschätzen wir die gFlexCo nicht – es steckt mehr drin, als man auf den ersten Blick glaubt!