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Aktuelles zur 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (23.3.2021)

Die 4. Novelle zur 4. COVID-19-SchuMaV (BGBl II Nr. 111/2021) bringt ab dem 1.4.2021 (nein, es ist kein Aprilscherz – Verzeihung, aber den Kalauer darf man zu diesem Datum nicht auslassen) maßgebliche Neuerungen für die „Orte der beruflichen Tätigkeit“ mit sich.

 

Gemäß dem ab 1.4.2021 geltenden § 6 Abs 8 der Verordnung hat der Betreiber einer Betriebsstätte mit mehr als 51 Arbeitnehmern basierend auf einer Risikoanalyse ein dem Stand der Wissenschaft entsprechendes COVID-19-Präventionskonzept zur Minimierung des Infektionsrisikos auszuarbeiten und umzusetzen. Das COVID-19-Präventionskonzept hat insbesondere zu enthalten: a) spezifische Hygienevorgaben, b) Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion, c) Risikoanalyse, d) Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen, e) Regelungen für Mitarbeiter- und Kundenströme und f) Entzerrungsmaßnahmen, wie Absperrungen und Bodenmarkierungen.

 

Die Einhaltung ist „vom Betreiber einer Betriebsstätte“ durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen.

 

In der rechtlichen Begründung zur 4. Novelle der 4. COVID-19-SchuMaV des BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird dazu knapp ausgeführt, dass „für den Betreiber einer Betriebsstätte mit mehr als 51 Arbeitnehmern zudem die Verpflichtung zur Ausarbeitung und Umsetzung eines COVID-19-Präventionskonzepts verankert wird. Das Vorliegen der erforderlichen Personenzahl ist im Hinblick auf die konkrete Betriebsstätte zu beurteilen“.

 

Aber wer ist nun „Betreiber“ und was ist eine Betriebstätte? Das sollte man schon wissen, denn schließlich sind mit einem Verstoß finanziell durchaus spürbare Sanktionen verbunden; wer nämlich „als Inhaber“ (interessant ist, dass die Verwaltungsstrafnorm des § 8 Abs 4 COVID-19-MG an den „Inhaber“ gerichtet ist, die 4. COVID-19-SchuMaV aber den „Betreiber“ verpflichtet – wir unterstellen die Identität der beiden Begriffe, da ohnehin keiner davon im Gesetz oder der Verordnung definiert wird) einer Betriebsstätte … nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte nicht entgegen den in einer Verordnung … festgelegten … Voraussetzungen oder Auflagen betreten (oder befahren wird), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 3.600,00, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

 

Die Rechtsgrundlage für die 4. COVID-19-SchuMaV ist das COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG); es ermächtigt (u.a.) zur „Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten … als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19“ durch Verordnung und sieht vor, dass als „Auflagen (u.a.)Präventionskonzepte in Betracht kommen“ – das sind programmhafte Darstellungen von Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19. Jedenfalls was ein Präventionskonzept ist, definiert der Gesetzgeber. Was jedoch eine Betriebsstätte oder deren Inhaber (wie gesagt, der „Betreiber“ kommt im COVID-19-MG nicht vor) sind, definiert er nicht, wenngleich im COVID-19-MG auch die Verordnungsgrundlage für die Regelung des „Betretens (und Befahrens) von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen“ enthalten ist – ebenso „für das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß § 2 Abs 3 ASchG“. Demnach ist der Arbeitsort etwas anderes als die Betriebsstätte (sonst wäre eine gesonderte Reglung nicht erforderlich). Nun, der Arbeitsort ist im ASchG tatsächlich definiert; eine Legaldefinition der „Betriebsstätte“ ist jedoch nur schwer auszumachen – auch dem Antrag vom 14.3.2020 gemäß dem das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19- MG) vor über einem Jahr erlassen wurde, ist dazu nichts zu entnehmen (gemäß diesem Antrag sollte die Möglichkeit geschaffen werden, mittels Verordnung ein Verbot auszusprechen, Waren- und Dienstleistungsbetriebe zu betreten, wobei sich dieses Verbot nicht nur an die Kunden, sondern auch an die Wirtschaftstreibenden richten kann, wobei auch für solche Betriebsstätten, die weiterhin betreten werden dürfen, vorgesehen werden sollte, dass diese nur von einer bestimmten Zahl an Personen – allenfalls auch im Verhältnis zur Geschäftsfläche – betreten werden dürfen); bemerkenswert ist dabei, dass laut diesem Antrag „der Inhaber der Betriebsstätte und seine Mitarbeiter oder Personen, die in dieser Betriebsstätte Dienstleistungen erbringen (etwa Reinigungsarbeiten besorgen), vom Betretungsverbot nicht betroffen waren“. Bekanntlich ist es doch anders gekommen, was nichts daran ändert, dass Legaldefinitionen zum „Inhaber/Betreiber“ oder zur „Betriebsstätte“ fehlen. Der Gesetzgeber setzt offenbar voraus, dass „eh klar“ ist, was damit gemeint ist. Auf die GewO können wir zur Begriffsklärung nicht zurückgreifen – darin findet sich seit der Novelle 1988 keine Legaldefinition der „Betriebsstätte“ mehr (und ohnehin seit jeher nicht zum „Betreiber/Inhaber“).

 

Vielleicht hilft aber das Steuerrecht zur Begriffsbestimmung. Denn „Betriebsstätte“ ist ein Begriff des nationalen und internationalen Steuerrechts. Gemäß § 29 BAO ist eine Betriebsstätte (im Sinn der Abgabenvorschriften) jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dient, insbesondere die Stätte, an der sich die Geschäftsleitung befindet, Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen, Landungsbrücken (Anlegestellen von Schifffahrtsgesellschaften), Geschäftsstellen und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Betriebes dienen und Bauausführungen, deren Dauer sechs Monate überstiegen hat oder voraussichtlich übersteigen wird. Unterstellt man diesen (steuerlichen) Anwendungsbereich auch dem des COVID-19-MG bzw. der 4. COVID-19-SchuMaV kommt man der Sache wohl schon näher – und dann ergeben auch die rechtlichen Begründungen zur 4. COVID-19-SchuMaV einen Sinn, weil dann „das Vorliegen der erforderlichen Personenzahl im Hinblick auf die konkrete Betriebsstätte“ beurteilt werden kann. Legt man diese Definition zugrunde, ergibt sich auch, was mit „Betreiber/Inhaber“ gemeint ist, nämlich derjenige, der für die Betriebsstätte auch steuerpflichtig ist.

 

Sollten noch Fragen offenbleiben, steht Ihnen Mag. Gunther Gram gern zur Verfügung.

(Tel.: [43-1] 521 75-41, E-Mail: gunther.gram@h-i-p.at)