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Neuigkeiten zum KuKuSpoSiG (2.2.2022)

Seit Mai 2020 können Veranstalter die – umgehende – Rückzahlung von Eintrittsgeldern oder Teilnahmegebühren („Eintrittskarten“) für COVID-19 bedingt abgesagte Veranstaltungen durch die Ausgabe von Gutscheinen vermeiden. Diese Möglichkeit galt für alle Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse, die aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 entfallen sind, und umfasste Konzertveranstaltungen, Opernaufführungen, Theateraufführungen, Filmvorführungen, Performances, Besuche von Museen oder Kulturdenkmälern und alle Sportveranstaltungen mit entgeltlicher (Publikums-)Beteiligung, und zwar auch im Freizeitsportbereich. Gleiches gilt nunmehr (seit 30.12.2021) auch für im Jahr 2021 oder im ersten Halbjahr 2022 COVID-19 bedingt entfallen(d)e Veranstaltungen.

 

Neu ist – neben der Verlängerung des Zeitraums, in dem entfallen(d)e Veranstaltungen vom Gesetz umfass sind – auch, dass für ab dem 1.1.2022 neu ausgegebene Gutscheine nun ausdrücklich vorgesehen ist, dass der Gutschein auch alle Verkaufs- oder Vermittlungsgebühren umfassen muss. Daraus folgt zweierlei, nämlich:

 

  • für vor dem 1.1.2022 ausgegebene Gutscheine gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, dass vom Gutschein auch alle Verkaufs- oder Vermittlungsgebühren umfasst sein müssen – vielmehr ist mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung vom Gegenteil auszugehen und
  • wählt der Veranstalter statt dem Gutschein die Variante der Rückzahlung, sind Verkaufs- oder Vermittlungsgebühren nicht zu ersetzen – weil eben kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung derlei eben nur für die Ausgabe von Gutscheinen vorgesehen ist.

 

Die „Gutschein statt Rückzahlung-Lösung“ gilt – unverändert – auch, wenn die Eintrittskarten über einen Vermittler (Ticketplattform) erworben wurden; dessen ungeachtet ist (unverändert) nur der Veranstalter (als Vertragspartner) dazu verpflichtet, den Gutschein auszustellen oder den Geldersatz zu leisten. Für über den Sekundärmarkt – somit nicht direkt vom Veranstalter oder über einen Vermittler – erworbene Eintrittskarten gilt das Gesetz weiterhin nicht. Das Gesetz gilt auch unverändert nicht, wenn der Veranstalter eine Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden) ist, im Eigentum einer Gebietskörperschaft steht oder für den eine Gebietskörperschaft haftet.

 

Der Gutschein entspricht der Höhe des bezahlten Entgelts für die Eintrittskarte und es dürfen keine zusätzlichen Kosten für die Ausstellung und Übermittlung oder die Einlösung des Gutscheins anfallen – die Höhe des bezahlten Entgelts ist jedoch entscheidend, denn:

 

  • Entgelt für Eintrittskarten bis zu EUR 69,99 kann jedenfalls mit einem Gutschein abgegolten werden;
  • hat das Entgelt für Eintrittskarten zwischen EUR 70,00 und EUR 250,00 ausgemacht, können EUR 70,00 durch einen Gutschein ersetzt werden und der Rest ist zurückzuzahlen;
  • hat das Entgelt über EUR 250,00 betragen, sind EUR 180,00 zurückzuzahlen und der Rest kann durch den Gutschein abgegolten werden.

 

Diese Betragsgrenzen gelten auch, wenn gleichzeitig Eintrittskarten für mehrere verschiedene Veranstaltungen erworben wurden und zwar bezogen auf die Teilentgelte für jede einzelne Veranstaltung. Bei Eintrittskarten für mehrtägige Veranstaltungen gelten die vorgenannten Betragsgrenzen bezogen auf jeden einzelnen Veranstaltungstag. Wir haben diese Rechtsansicht bereits im April 2020 in unserem Blog vertreten. Auch der OGH sieht das so (1 Ob 20/21w; Urteil vom 19.10.2021) und hat in einem von der Bundesarbeiterkammer angestrengten Musterprozess klargestellt, dass eine mehrtägige Veranstaltung (ein Festival) kein einzelnes Ereignis, sondern dass jeder Tag der Veranstaltung als einzelnes Kulturereignis zu verstehen ist – jedenfalls dann, wenn sowohl Tickets für alle Tage der Veranstaltung, als auch für jeden einzelnen dieser Tage angeboten werden.

 

Unverändert nicht geregelt (oder gerichtlich entschieden) ist, welche Betragsgrenzen gelten sollen, wenn jemand für eine Veranstaltung nicht nur eine, sondern gleich mehrere Eintrittskarten erworben hat. Wir vertreten dazu weiterhin die Rechtsauffassung, dass die Betragsgrenzen auch in diesem Fall bezogen auf den Preis jeder einzelnen Eintrittskarte gelten (und nicht der gesamte Entgeltpreis für alle gleichzeitig erworbenen Eintrittskarten zu berücksichtigen ist).

 

Handelt es sich um ein wiederkehrendes Abonnement, so kann der Abonnent statt einem Gutschein oder der Rückzahlung die Anrechnung auf die Kosten eines folgenden Abonnements verlangen. Sind Veranstaltungen z.B. im Rahmen eines Abonnements nur teileweise entfallen, gilt das Gesetz für den die entfallenen Veranstaltungen betreffenden Anteil.

 

Die Gutscheine sind vollkommen frei – an natürliche Personen – übertragbar; sie können für jede andere künftige Veranstaltung desselben Veranstalters eingesetzt und müssen auch vom Veranstalter für jede seine Veranstaltungen angenommen werden. Für den Inhaber des Gutscheins hingegen besteht keine Verpflichtung, den Gutschein einzulösen. Löst der Inhaber – aus welchen Gründen auch immer – den Gutschein für eine im Jahr 2020 oder im ersten Halbjahr 2021 entfallene Veranstaltung nicht bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 ein, so muss der Veranstalter den Wert des Gutscheins danach auf Aufforderung (wir empfehlen dazu die Bekanntgabe der Kontonummer, damit die Überweisung auch erfolgen kann) unverzüglich auszahlen. Für im zweiten Halbjahr 2021 oder im Jahr 2022 entfallen(d)e Veranstaltungen, muss der Gutschein bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 eingelöst oder dann der Wert vom Veranstalter unverzüglich ausgezahlt werden. Eine Verzinsung erfolgt nicht. Zur Verjährung sagt das Gesetz nichts. Es gilt die dreijährige Verjährungsfrist des ABGB, wobei „sicherheitshalber“ der Verjährungsbeginn mit dem Tag des Erwerbs der Eintrittskarten anzusetzen ist.

 

Die Regelungen des KuKuSpoSiG sind gegenüber Verbrauchern (§ 1 KSchG) einseitig zwingend und können daher nicht zu Lasten des Verbrauchers, sehr wohl aber zu seinen Gunsten abbedungen werden (eine freiwillige Entgegennahme von Gutscheinen in einem höheren als dem gesetzlich vorgesehenen Wert ist somit möglich).

 

Sollten Sie weitere Fragen haben, steht Ihnen unser im Veranstaltungsrecht spezialisierter Partner Mag. Gunther Gram unter folgenden Kontaktadressen zur Verfügung:

Tel.: (43-1) 521 75-41. E-Mail: gunther.gram@h-i-p.at