Der Wahlkampf läuft auf Hochtouren und bekanntlich geizt die FPÖ vor allem in dieser Zeit nicht mit kontroversen Parolen und Wortkreationen. Die neueste Schöpfung der blauen Spindoktoren ist die Bezeichnung „Volkskanzler“ für ihren Spitzenkandidaten, Herbert Kickl. Er soll der Kanzler „aus dem Volk, für das Volk“ werden, der gegen die „Eliten“ antritt.
Bei dem Begriff handelt es sich um einen Begriff-Jargon, der ab 1933 in Reden und Propagandazeitschriften sowie auf Plakaten der NSDAP zu finden war. Im Duden des Jahres 1941 ist unter „Volkskanzler“ zu lesen: „Bezeichnung für Hitler zum Ausdruck der Verbundenheit zwischen Volk und Führer“. Fairerweise muss allerdings erwähnt werden, dass auch die SPÖ den damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer 2007 zumindest einmal als „Volkskanzler“ in Stellung brachte. Auch Leopold Figl und Bruno Kreisky wurden mit dieser Bezeichnung bedacht. Eine kritische Auseinandersetzung wäre also auch schon vor einigen Jahrzehnten angebracht gewesen.
Die historische Verbindung des Begriffs mit der NS-Zeit stößt zum Glück einigen sauer auf, und so hat sich der Tiroler Aktionskünstler David Prieth zum Ziel gesetzt, „Sprache zurückerobern und Humor hineinzubringen“. Bereits 2016 hatte er unter dem Modelabel „Haute Couture StrassenChefin“ – abgekürzt „HC Strache“ – auf der Domain hc-strache.at Kopftücher zum Verkauf angeboten.
Eine ähnliche Aktion setzte er im Jänner dieses Jahres, als er die Marke „Volkskanzler“ für Plakate, Textilbanner, Bekleidungsstücke, T-Shirts, Schals, Polos und Shorts anmeldete, in der Absicht, „seine Markenrechte geltend [zu] machen, die Vernichtung der Plakate – oder finanzielle Entschädigung für die Verletzung seines „geistigen Eigentums“ [zu fordern], sollten FPÖ-Plakate mit dem Slogan „Volkskanzler“ auftauchen. In seinem Profil-Interview schildert Herr Prieth, dass das Österreichische Patentamt die Eintragung der Marke zunächst versagt habe, weil der Begriff aufgrund seines NS-Bezugs gegen die guten Sitten verstoße. Erst der Einwand Prieths, der Begriff werde von einem Spitzenpolitiker verwendet und sei daher „einem durchschnittlichen Menschen zumutbar“, führte in der Folge zur Eintragung.
Aus rechtlicher Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob und welche Verwendungsformen des Begriffes „Volkskanzler“ Herr Prieth der FPÖ auf Basis seines Markenrechts untersagen kann.
Der dafür entscheidende Passus findet sich in § 10 Abs 1 Markenschutzgesetz 1970: demnach gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber (Vorbehaltlich der Wahrung älterer Rechte) das ausschließliche Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen gleich sind, für die die Marke eingetragen ist.
Als Markeninhaber hat Herr Prieth also grundsätzlich ein Ausschließungsrecht, aber eben nur, wenn ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt. Darunter ist laut EuGH eine Nutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit zu verstehen. Wahlwerbung erfüllt dieses Erfordernis jedoch nicht. Aber selbst, wenn dies der Fall wäre, würde sich das markenrechtliche Ausschließungsrecht nicht dazu eignen, die FPÖ daran zu hindern, Plakate anzubringen, auf denen „Volkskanzler“ zu lesen ist. Nicht der Name des Plakats ist „Volkskanzler“, sondern Herbert Kickl wird als „Volkskanzler“ beschrieben. Anders wäre es, wenn Herr Prieth die Marke auch für Zeitschriften angemeldet hätte. Dann könnte er der FPÖ sehr wohl untersagen, Zeitschriften unter dem Namen „Volkskanzler“ zu verkaufen.
Der FPÖ-Chef kann sich also jederzeit „Volkskanzler“ rufen, ohne Sorge haben zu müssen, an den Aktivisten etwas zahlen zu müssen. So lange die FPÖ keine „Volkskanzler“-T-Shirts, Schals oder ähnliche Kleidungsstücke in Umlauf bringt, bleibt es bei einem „nice try“ von Herrn Prieth.
Im Artikel des „Profil“ werden übrigens die – grundlegend verschiedenen – Schutzrechte „Marke“ und „Patent“ bunt vermischt und synonym verwendet.
Wenden Sie sich bei Fragen im gewerblichen Rechtsschutz an unsere Partner Thomas Höhne und Georg Streit.