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Coronavirus

Die virtuelle Generalversammlung der GmbH (9.4.2020)

Stellen Sie sich vor, es ist Generalversammlung und keiner geht hin. Das muss auch keiner mehr, denn das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz (abgekürzt: COVID-19-GesG) regelt die Durchführung von sogenannten virtuellen (General-)Versammlungen. Die dieses Gesetz konkretisierende Verordnung der Bundesministerin für Justiz, die Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Verordnung (abgekürzt: COVID-19-GesV) enthält genaue Details dazu.

Was ändert sich nun durch das COVID-19-GesG und die COVID-19-GesV konkret in Hinblick auf die Willensbildung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung? (Die Auswirkungen für Vereine haben wir bereits in diesem Beitrag dargestellt.)

Bereits vor der Corona-Krise konnten GmbH-Gesellschafter Beschlüsse entweder in einer Generalversammlung oder im Umlaufweg fassen. Anders als das Aktiengesetz sieht das GmbH-Gesetz jedoch keine virtuelle Generalversammlung oder elektronische Stimmabgabe vor. Voraussetzung für die Beschlussfassung im Umlaufweg ist, dass alle Gesellschafter dieser (schriftlich) zustimmen. Generalversammlungen fanden daher auch bisher üblicherweise nur in den folgenden Fällen statt:

– ein einzelner Gesellschafter ist – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr erreichbar;

– der Beschlussfassung im Umlaufweg stimmen nicht aller Gesellschafter zu;

– bei Beschlüssen über bestimmte Angelegenheiten wie etwa die Änderung des Gesellschaftsvertrags (wozu auch die Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung zählt) oder die Auflösung der Gesellschaft.

Das COVID-19-GesG sieht zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nun befristet bis 31.12.2020 die Möglichkeit vor, dass Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung, eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, eines kleinen Versicherungsvereins oder einer Sparkasse nach Maßgabe der COVID-19-GesV auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt und Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden können. Die COVID-19-GesV bezeichnet eine Versammlung, bei der alle oder einzelne Teilnehmer nicht physisch anwesend sind, als „virtuelle Versammlung“. Auch Versammlungen, in der bloß einzelne Gesellschafter per Verbindungstechnologie zugeschalten sind, sind also umfasst.

Damit stehen die bisher schon für Aktiengesellschaften im Gesetz – unter der Voraussetzung der Verankerung in der Satzung – vorgesehene Möglichkeiten der Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen nun auch Generalversammlungen einer GmbH offen.

Eine virtuelle Versammlung ist zulässig, wenn eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit besteht. Wollen oder können mehrere Gesellschafter nicht optisch und akustisch an der virtuellen Generalversammlung teilnehmen, können diese auch nur akustisch zugeschalten werden, solange zumindest die Hälfte der Gesellschafter auch optisch an der Versammlung teilnimmt. Jeder Gesellschafter muss sich dabei allerdings zu Wort melden und an Abstimmungen teilnehmen können. Daher reicht es nicht, wenn nur die Möglichkeit besteht, an der Versammlung als Beobachter teilnehmen zu können.

Für die Einberufung und Durchführung einer virtuellen Versammlung gelten weiterhin die gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Regeln. Das betrifft insbesondere die Form und Frist zur Einberufung, die Ankündigung der Tagesordnung und die notwendigen Mehrheiten für eine Beschlussfassung. Zusätzlich zu den „normalen“ Inhalten eines Einberufungsschreibens ist anzugeben, welche organisatorischen und technischen Voraussetzungen für die Teilnahme an der virtuellen Versammlung bestehen. Es sind etwa insbesondere die Einwahldaten für eine Audio- bzw. Videokonferenz anzugeben.

Ob und unter der Verwendung welcher Verbindungstechnologie eine virtuelle Versammlung stattfinden soll, entscheidet die Geschäftsführung. Diese hat dabei die Interessen der Gesellschaft und die Interessen der Teilnehmer angemessen zu berücksichtigen.

Besteht bei einer virtuellen Versammlung Anlass zu Zweifeln an der Identität eines Gesellschafters, hat die Gesellschaft dessen Identität auf geeignete Weise zu überprüfen. Dies wird in der Praxis wohl so gelöst werden können, dass der betreffende Gesellschafter einen gültigen Lichtbildausweis in die Kamera hält.

Wer allerdings weiterhin zu Generalversammlungen gehen möchte, kann das voraussichtlich im Jahr 2020 auch noch tun: Das COVID-19-Gesetz verlängert nämlich die gesetzliche Frist für die ordentliche Generalversammlung über die Beschlussfassung zur Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses, die Gewinnverteilung und die Entlastung der Geschäftsführer von acht auf zwölf Monate. Die ordentliche Generalversammlung kann demnach einfach später wie gewohnt unter physischer Anwesenheit der Gesellschafter stattfinden. Deckt sich das Wirtschaftsjahr einer GmbH mit dem Kalenderjahr, kann die ordentliche Generalversammlung nunmehr bis Ende Dezember 2020 stattfinden. Soweit im Gesellschaftsvertrag Fristen oder Termine für bestimmte Generalversammlungen festgelegt sind, können auch diese auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 verschoben werden. Daneben besteht natürlich weiterhin die Möglichkeit der Beschlussfassung im Umlaufweg (unter Einhaltung der oben beschriebenen Voraussetzungen).

Zusammengefasst stehen der GmbH aktuell folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

– Die Beschlussfassung erfolgt (wie schon immer möglich) im Umlaufweg.

– Die Geschäftsführung beruft eine virtuelle Generalversammlung ein. Dies wird in dringenden Fällen oder in Fällen von außerordentlichen Generalversammlungen notwendig sein.

– Die Geschäftsführung verschiebt die ordentliche Generalversammlung auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2020.

Wir beraten Sie gerne, wie Sie in Ihrer GmbH zu einer Beschlussfassung kommen und unterstützen Sie sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht bei der konkreten Umsetzung in Ihrer GmbH. Im Zusammenhang mit der technischen Umsetzung stellen wir Ihnen sowohl einen Besprechungsraum in unserer Kanzlei als auch die entsprechende Infrastruktur zur Durchführung einer virtuellen Generalversammlung zur Verfügung. Gerne bieten wir Ihnen an, die Generalversammlung und eine Abstimmung als „Trockentest“ durchzuführen, damit bei der eigentlichen Generalversammlung alles reibungslos funktioniert

Thomas.InderMaur@h-i-p.at

Jonna.Eberl@h-i-p.at