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Der COVID und das „Orgerl“ (21.7.2021)

Die schon fast nach einer Fabel klingende Überschrift hat einen sehr profanen Hintergrund; denn wir haben es zwischenzeitig schon gelernt (oder gar auch schon selbst erfahren): Verstöße gegen „COVID-19-Bestimmungen“ sind mit Verwaltungsstrafen bedroht; seit dem 14.7.2021 gibt es für die Polizei – nun wieder – die Möglichkeit, einzelne Verwaltungsübertretungen durch Geldstrafen (Organstrafverfügungen, polizeiintern „Orgerl“ genannt) zu ahnden (um die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens zu vermeiden).

 

Warum wieder, und welche Übertretungen sind erfasst und was ist eine Organstrafverfügung überhaupt?

 

  1. Zunächst zum „wieder“: Organstrafverfügungen in Sachen Covid konnten zwar schon seit April 2020 eingehoben werden, doch hat sich die Rechtsgrundlage seither deutlich verändert (so war z.B. noch bis zum 14.7.2021 eine Geldstrafe von EUR 90,00 wegen der Nichteinhaltung des Mindestabstands vorgesehen, jedoch war seit dem 1.7.2021 mit dem Inkrafttreten der 2. COVID-19-Öffnungsverordnung gar kein Mindestabstand mehr einzuhalten).

 

Der Gesundheitsminister hat die Möglichkeit der Verhängung von Organstrafverfügungen nun an die geltende Rechtslage (Grundlage ist das COVID-19-Maßnahmengesetz) angepasst (insbesondere auch, um 3-G-Verstöße mit Organstrafverfügungen „schnell erledigen zu können“) – und zwar mit der Verordnung über die Einhebung von Geldstrafen mit Organstrafverfügung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz (BGBl II Nr. 314/2021; in Kraft seit 14.7.2021).

 

  1. Nun zum „welche“; für folgende Verstöße gegen „COVID-Bestimmungen“ können Organstrafverfügungen erlassen werden:

 

  • – Fehlt die Maske (die den Mund- und Nasenbereich abdeckende enganliegende mechanische Schutzvorrichtung) beträgt die Strafe EUR 90,00. Die Maske ist z.B. an öffentlichen Orten in geschlossenen Räumen, in Taxis, Seil- und Zahnradbahnen sowie Massenbeförderungsmitteln (sowie in den geschlossenen Räumen der dazu gehörenden Einrichtungen wie etwa Bahnhöfen u.Ä.), den Kundenbereichen (in geschlossenen Räumen), Kultureinrichtungen (Museen, Kunsthallen, Bibliotheken, Büchereien und Archiven), bestimmten Orten der beruflichen Tätigkeit, für Bewohner, Patienten und Besucher von Alten- und Pflegeheimen oder Kranken- und Kuranstalten sowie bei Zusammenkünften (gemeinhin bisher als Veranstaltungen bekannt), Fach- und Publikumsmessen und Gelegenheitsmärkten (jeweils mit mehr als 100 Teilnehmern in geschlossenen Räumen, wenn nicht alle daran beteiligten Personen geimpft, getestet oder genesen sind) erforderlich. In Alters- und Pflegeheimen gilt unverändert die FFP2-Maskenpflicht für Mitarbeiter, deren Nachweis, dass von ihnen eine geringe epidemiologische Gefahr ausgeht, abgelaufen ist.

 

  • Fehlt die Bereithaltung eines Nachweises einer geringen epidemiologischen Gefahr (somit die 3-G-Bescheinigung; genesen, geimpft getestet) beträgt die Strafe ebenfalls EUR 90,00. Dieser Nachweis ist von Benutzern von Reisebussen und Ausflugsschiffen, bei der Inanspruchnahme körperlicher Dienstleistungen, Gästen des Gastgewerbes und von Beherbergungsbetrieben, Kunden von nicht öffentlichen Sportstätten, Freizeiteinrichtungen (z.B. Vergnügungsparks, Tanzschulen, Indoorspielplätzen, Tierparks, aber auch Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution), Teilnehmern von Zusammenkünften mit mehr als 500 Personen (auch Fach- und Publikumsmessen und Gelegenheitsmärkte) sowie von Mitarbeitern von Alten- und Pflegeheimen sowie Kranken- und Kuranstalten und auch von Besuchern von bzw. Begleitern in Alten- und Pflegeheimen zu erbringen.

 

  1. Schließlich zum „was: Was ist überhaupt eine „Organstrafverfügung“?

 

Österreicher kennen sie als „Organmandat“, „Strafmandat“ oder „Strafzettel“ (Deutsche als „Knöllchen“, Italiener als „Multa“ und Schweizer „werden gebüßt“) und – wie schon erwähnt – nennt sie die Polizei (natürlich nur intern) „Orgerl“. Inhaltlich geht es darum, dass in Verordnungen definierte dienstlich wahrgenommene – und vor allem geringfügige – Verwaltungsübertretungen durch eine Geldstrafe erledigt werden können (in einem – sehr – abgekürzten Verfahren).

 

Rechtsmittel gibt es keine (wer das „Orgerl“ zahlt, kann keine weiteren Rechtsbehelfe einlegen), aber es besteht auch keine Verpflichtung zur Zahlung – wer das „Orgerl“ nicht zahlt, gegen den muss ein – ordentliches – Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden. Wer daher glaubt (oder sich sicher ist), keine Verwaltungsvorschrift verletzt zu haben, der kann durch die Nichtzahlung im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren seine Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen wahren. Allerdings kann es dann auch teurer werden!

 

Um sich Einwendungen zu ersparen und dennoch die Organstrafverfügung zu vermeiden, hilft vielleicht ein Tipp aus der Praxis: Von der Einhebung der Geldstrafe durch eine Organstrafverfügung kann nämlich überhaupt abgesehen werden, wenn es ausreicht, in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht zu werden; dabei handelt es sich – rechtlich gesehen – um ein noch geringeres „Dudu“ (quasi einen behördlichen Zeigefinger“) als eine Ermahnung iSd VStG. Möglich ist das, wenn „die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beanstandeten gering sind“. Dann ist auch keine Anzeige zu erstatten. Ein freundliches Gespräch und Einsicht vor der Ausstellung des „Orgerls“ könnte sich daher lohnen – zu bedenken ist dabei auch immer, dass die Organstrafverfügung ohnehin dazu dient, geringfügige Übertretungen schnell abzuhandeln. Um daher mit einem „Dudu“ davon zu kommen, muss man daher sozusagen noch weniger angestellt haben (und das auch argumentieren können).

 

Und noch etwas zum Abschluss und zur Abrundung: Das „Orgerl“ muss auch nicht immer gleich bzw. bar bezahlt werden – auch ein Zahlschein ist möglich (dann muss die Zahlung aber unbedingt binnen 14 Tagen einlangen); eine Zahlung könnte auch sogar in bestimmten fremden Währungen oder mit Scheck oder Kreditkarte erfolgen; eine Kreditkartenbearbeitungsgebühr oder Wechselspesen übernimmt die Republik Österreich freilich nicht. Wer dabei zu viel zahlt, bekommt sein Geld sogar zurück – denn wird ein höherer Betrag als der durch die Organstrafverfügung eingehobene Strafbetrag eingezahlt, so ist der Differenzbetrag abzüglich zwei Euro zurückzuzahlen; übersteigt der zu viel bezahlte Betrag zwei Euro nicht, gibt es keine Rückzahlung.

 

Haben Sie noch Fragen? Mag. Gunther Gram steht Ihnen zur Beantwortung gern zur Verfügung.

Tel.: [43-1] 521 75-41 E-Mail: gunther.gram@h-i-p.at