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Das Wohnungseigentumsgesetz wird „grüner“ (18.1.2022)

Die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel haben nun auch den Gebäudesektor erreicht. Die Wohnungseigentumsgesetz-Novelle 2022 soll den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen vorantreiben und den Energieverbrauch verringern. Diese Ziele sollen durch folgende Neuerungen erreicht werden:

 

  1. Privilegierte Änderungen und Zustimmungsfiktion

Will ein Wohnungseigentümer Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt vornehmen, muss er die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer einholen, sofern durch die geplante Änderung deren schutzwürdige Interessen beeinträchtigt werden konnten.

Alte Rechtslage

Bisher galt bloßes Schweigen der anderen Wohnungseigentümer zu Änderungswünschen stets als Nichtzustimmung.

Ab 1.1.2022

Künftig kommt dem Wohnungseigentümer eine Zustimmungsfiktion (Schweigen gilt als Zustimmung) für privilegierte Änderungen zugute. Diese sind:

  • die Installation einer E-Ladestation
  • die barrierefreie Ausgestaltung des Wohnungseigentumsobjektes oder allgemeiner Teile
  • der Einbau von harmonisch einfügender Beschattungsanlagen und von einbruchsicheren Türen
  • die Errichtung von Photovoltaikanlagen und Solarthermieanlagen.

Die Zustimmungsfiktion setzt jedoch die qualifizierte Verständigung der übrigen Wohnungseigentümer voraus. Der änderungswillige Wohnungseigentümer muss die geplante Änderung klar und verständlich beschreiben und den anderen Miteigentümern eine Widerspruchsfrist von zwei Monaten einräumen.

Ist mit der geplanten Änderung jedoch eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung verbunden, muss sie ein Wohnungseigentümer trotz Schweigens nicht dulden.

 

  1. Auskunftspflicht des Verwalters

Alte Rechtslage

Bisher stellte sich für einen änderungswilligen Wohnungseigentümer die Frage, wie er die übrigen erreicht. Der Verwalter war nämlich nicht berechtigt, Name und Zustelladresse der Wohnungseigentümer herauszugeben, sofern ihm die Weitergabe seitens der Betroffenen untersagt war.

Ab 1.1.2022

Zur Erleichterung der Kontaktaufnahme unter den Wohnungseigentümern trifft den Verwalter künftig die Pflicht zur Herausgabe der Kontaktdaten (Name und Zustellanschrift). Dies jedoch nur, wenn die Kontaktdaten für die Verständigung der Wohnungseigentümer für die Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeit notwendig sind.

E-Mail-Adressen dürfen auch weiterhin nur mit Zustimmung der Betroffenen weitergegeben werden.

 

  1. Erleichterung von Mehrheitsbeschlüssen

Alte Rechtslage

In der Vergangenheit sind zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen an der geringen Abstimmungsbeteiligung der Wohnungseigentümer gescheitert. Um eine Maßnahme umsetzen zu können, war nämlich die einfache Mehrheit erforderlich, wobei diese Mehrheit nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (und nicht nach Köpfen) berechnet wird.

Ab 1.7.2022

Um zu verhindern, dass Beschlüsse aufgrund der bloßen Passivität von Wohnungseigentümern scheitern, soll künftig NEBEN der alten Beschlussfassungsmöglichkeit auch die qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügen. Diese qualifizierte Mehrheit ist erreicht, wenn

  • zumindest zwei Drittel der abstimmenden Wohnungseigentümer für eine Maßnahme sind (auch diese Mehrheit wird nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile berechnet) und
  • die zustimmenden Wohnungseigentümer zumindest ein Drittel der Miteigentumsanteile repräsentieren.

Über diese geänderten Willensbildungsmodalitäten sind die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung zu informieren. Diese Pflicht trifft jenen, der die Beschlussfassung initiiert, dh in der Regel den Verwalter.

 

  1. Teilnahme an der Eigentümerversammlung mittels elektronischer Kommunikation

Alte Rechtslage

Bisher war eine „virtuelle“ Teilnahme an Eigentümerversammlungen nicht möglich.

Ab 1.1.2022

Künftig kann der Verwalter einzelnen Wohnungseigentümern die Teilnahme mittels elektronischer Kommunikation (zB Videokonferenz) ermöglichen.

 

  1. Mindestdotierung der Rücklage

Alte Rechtslage

Bisher war bei der Bildung der Rücklage die voraussichtliche Entwicklung der Aufwendungen zu beachten. Die Höhe der Rücklage hat der Verwalter bestimmt.

Ab 1.1.2022

Künftig ist eine Mindestrücklage in Höhe von EUR 0,90 je Quadratmeter und Monat zu bilden. Dadurch soll die Eigentümergemeinschaft motiviert werden, Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen sowie Investitionen zu tätigen.

Diese Mindestrücklage darf nur unterschritten werden, wenn bereits eine besonders hohe Rücklage besteht oder aufgrund des guten Zustands des Gebäudes auf etliche Jahre keine größeren Investitionen anfallen werden (zB aufgrund einer durchgreifenden Sanierung oder der Neuerrichtung des Gebäudes).

Eine Überschreitung dieser Mindestrücklage ist selbstverständlich weiterhin möglich – insbesondere, wenn dies für künftige Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder zur energietechnischen Verbesserung des Gebäudes notwendig ist.

 

Für nähere Informationen zur Wohnungseigentumsgesetz-Novelle 2022 stehen Ihnen unsere Immobilien-Experten gern zur Verfügung.

Kontakt: Mag. Markus Bulgarini, markus.bulgarini@h-i-p.at, (01) 521 75 0